Keine Auskunft

Volksanwälte Günter Kräuter, Gertrude Brinek und Peter Fichtenbauer.
Volksanwälte Kräuter, Brinek und Fichtenbauer bei der Präsentation 2018 (Foto: Volksanwaltschaft)


Die österreichische Volksanwaltschaft blockiert Medienberichte. Keine Information über die Fälle. Begleitung der Betroffenen nicht erwünscht. Volksanwaltschaft greift bei kriminellen Vorfällen nicht ein.

Es gibt sehr ernsthafte Fälle, die der österreichischen Volksanwaltschaft vorgelegt wurden. Schon im vergangenen Jahr fragten wir bei der Volksanwaltschaft an, um Information über den aktuellen Stand solcher Fälle zu erhalten. Für die Anfrage wurden drei Beispiele ausgewählt.


Sachwalter trennt Familien

Im Berichtsjahr 2017 erhielt die Volksanwaltschaft die Klage einer Ärztin, dass ein Sachwalter die Vormundschaft über ihre Eltern übernommen habe. In der Folge verhängte er Besuchsverbot. Demnach dürfe die Ärztin ihre Eltern nur noch zu Weihnachten oder an Geburtstagen sehen. Dies ausschließlich in Anwesenheit einer Pflegerin, die den Kontakt überwache und damit auch die Gespräche zwischen den Angehörigen.

Die Volksanwaltschaft dokumentierte dazu:

Eine Wiener Ärztin, die mit ihren Eltern im selben Haus, wenn auch in getrennten Wohnungen, lebt, kritisierte die Anordnungen des Sachwalters ihrer Mutter. Dieser habe ihr den regelmäßigen Kontakt zu den Eltern untersagt. Nur zu Geburtstagen und zu Weihnachten dürfe sie die Wohnung der Eltern betreten, wenn deren Pflegerin anwesend ist. Gegenüber dem Gericht und dem Sachwalter sei sie ohnmächtig. Ihr sei sogar angedroht worden, dass ein Räumungsverfahren gegen sie eingeleitet werde, wenn sie sich den Anweisungen des Sachwalters 
widersetzt.
(Aktenzahl: VA-BD-J/0560-B/1/2017).

Sollte die Ärztin weiter Widerstand leisten, würde ihre eigene Wohnung geräumt, drohte ihr demnach der Sachwalter. Offenbar wollte dieser Sachwalter zwischen Tochter und Eltern gehen, um in der Folge das  Familienvermögen übernehmen zu können.

Damit wird die Tochter von dem Erbe, das ihr nach dem Ableben der Eltern rechtmäßig zustehen würde, noch vor dem Todesfall entschieden abgetrennt.  Kontakte zwischen den Familienangehörigen wären bei dieser Enteignung für den Sachwalter offensichtlich höchst störend.

Unternehmen übernommen

Auch lukrative Unternehmen werden von Sachwaltern brutal übernommen. Eine Unternehmerin informierte die Volksanwaltschaft, dass ein Sachwalter, den Betrieb sich aneignete, den sie mit ihrem Ehemann über viele Jahre erfolgreich führte. Der Sachwalter hätte den Geschäftsführer gekündigt und damit begonnen, das profitable Unternehmen zu veräußern. Der Vorfall geschah im Berichtsjahr 2016:

Eine Unternehmerin, die mit ihrem erheblich älteren Ehemann viele Jahre erfolgreich einen Betrieb aufgebaut und geführt hatte, kritisierte die wirtschaftlich nicht nachvollziehbare Vorgangsweise des Sachwalters ihres Mannes. Dieser habe die nunmehrigen Geschäftsführer gekündigt und sei dabei, das Unternehmen zu zerschlagen. Ein gut gehender Familienbetrieb mit sicheren Arbeitsplätzen würde zunichte gemacht, für die beiden studierenden Söhne würde nichts übrig bleiben.
(Aktenzahl: VA-BD-J/0915-B/1/2016)


Kaffeehausbesitzerin obdachlos gemacht

Nach der Dokumentation der Volksanwaltschaft dürfte auch der Besitz einer weiteren Unternehmerin auf brutale Weise übernommen worden sein. Im Berichtsjahr 2014 brachte eine Kaffeehausbesitzerin die Klage bei der Volksanwaltschaft vor, dass ein Sachwalter in ihr Lokal und in ihre Wohnung  eindrang. Sie wurde obdachlos gemacht und musste in der Folge „auf der Straße leben“:

Eine vormalige Kaffeehausbesitzerin kritisierte, dass sie durch Versäumnisse des Sachwalters ihr Lokal und ihre Wohnung verloren habe und nunmehr auf der Straße leben müsse.
(Aktenzahl: VA-BD-J/1013-B/1/2014).


Tätigkeit überprüfen

Das Eigentum der Kaffeehausbesitzerin wurde von der Volksanwaltschaft als „vormalig“ bezeichnet. Das ist doch eine überaus dubiose Erklärung der Volksanwaltschaft, so dass überprüft werden sollte, ob die Volksanwaltschaft bei diesen kriminellen Vorfällen auch erfolgreich tätig wurde.

Deshalb wollten wir über diese Fälle mehr Information erhalten. Doch die Volksanwaltschaft gab darüber keine Auskunft. Agnieszka Kern, die Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, die ansonsten gerne bemüht auftritt, teilte mit:
„Zu einzelnen Prüffällen darf ich Ihnen aufgrund der Amtsverschwiegenheit und des Datenschutzes keine Einzelheiten weitergeben“.
(Agnieszka Kern, Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, Email vom 18. 4. 2019)

Das bedeutet, dass grundsätzlich keine weitere Information zu den Fällen gegeben wird, die in den Berichten der Volksanwaltschaft nur mit einer Kurzbeschreibung in wenigen Sätzen aufscheinen. Im Sinne der Betroffenen ist diese vorgebliche „Amtsverschwiegenheit“ keinesfalls, tatsächlich werden damit nur die Daten der kriminellen Sachwalter geschützt.

Blockade der Volksanwaltschaft

Die Pressesprecherin wurde nochmals angefragt, mit dem Vorschlag, dass ein Fall mit Medienberichten begleitet werden könnte.

„Ich bin daran interessiert, einen der genannten Fälle mit Berichten publizistisch zu begleiten. Ich ersuche um Herstellung eines Kontaktes“, wurde die Pressesprecherin am 19. April 2019 angefragt.
(Johannes Schütz, Email vom 19. 4. 2019)

Doch lehnte die Volksanwaltschaft ab:

„Ich verstehe Ihr Interesse, aber ich darf Ihnen keine personenbezogenen Daten weitergeben“.
(Agnieszka Kern, Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, Email vom 19. 4. 2019)

Der Kontakt zu Betroffenen wurde von der Volksanwaltschaft nicht vermittelt. Damit zeigte die Volksanwaltschaft unverhohlen, dass Medienberichte über die Fälle nicht erwünscht sind. Obwohl es möglich wäre, dass durch die kontinuierliche Begleitung eines Falles eine Verbesserung erzielt wird.

Offenbar ist eine solche Verbesserung von der Volksanwaltschaft gar nicht vorgesehen. Bereits dieses Verhalten müsste als ungeheuerlicher Skandal einer suspekten Volksanwaltschaft bewertet werden.


Links:

134 Enteignungen dokumentiert
(Qolumnist, 4. 6. 2020)

Richter ohne Kontrolle
(Qolumnist, 2. 9. 2019)

Abgängigkeit der Volksanwaltschaft
(Tabula Rasa Magazin, 6. 5. 2019)

© Autor: Johannes Schütz, 2020


Zum Autor:

Johannes Schütz, ist Medienwissenschafter und Publizist,, war Lehrbeauftragter an der Universität Wien (Informationbroking, Recherchetechniken, Medienkompetenz), Vorstand des Zentrums für Medienkompetenz, Projektleiter bei der Konzeption des Wiener Community-TV, Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava (in Zusammenarbeit mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava), investigative Publikationen (Justiz, EU).
Johannes Schütz bereitet eine Buchpublikation vor: „Die Enteigner: Der größte Skandal der Republik Österreich“.
Kontakt: info [at] communitytv.eu

 

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Johannes Schütz, Medienwissenschafter und Publizist, geboren in Österreich, lebt jetzt im Exil, war Lehrbeauftragter an der Universität Wien (Informationbroking, Recherchetechniken, Medienkompetenz), Vorstand des Zentrums für Medienkompetenz, Projektleiter bei der Konzeption des Wiener Community-TV, Projektleiter Twin-City-TV Wien-Bratislava, investigative Publikationen (Grundrechte, EU). Veröffentlichungen u. a. The European, Tabula Rasa. Johannes Schütz bereitet eine Buchpublikation vor: „Die Enteigner: Der größte Skandal der Republik Österreich". Homepage: www.journalist.tel www.tabularasamagazin.de/author/schuetz_johannes www.theeuropean.de/johannes-schuetz Kontakt: iinfo [at] communitytv.eu